Es war einmal vor langer Zeit, da lebte eine Paar von adeligem Geblüte.
Der Mann stolz und von stattlicher Herkunft, ungebeugt und ohne Fehl. Aufrecht stand er und sprach Recht über seine Knechte und Mägde gewissenhaft und gerecht. Nie zögerte er die seinen zu verteidigen und er wachte über sie mit wachem Auge und unerschütterlicher Zuversicht.
Die Frau sanftmütig und herzlich, tugendhaft und bildhaft schön. Ein warmes Lächeln umspielte ihre Lippen zu jeder Stunde und es gab keinen Moment da sie kein offenes Ohr für solche gehabt hätte, die ihr dienten. Ein jeder, der an ihr vorbeikam atmete freier und zog seiner Wege beschwingt.
Glücklich und zufrieden lebten sie auf einer schmucken Burg in einem Tal. Die hohen Berge umher schwangen sich sanft auf und schienen sich schützend um die Burg zu legen, wie um das Glück zu schützen, das darin schlummerte. Die weiten Felder wuchsen reichlich und es herrschte Frieden um die Burg herum. Ein jeder Unteran ging ohne Hunger in sein Bett wenn der Abend sich über die Gipfel senkte und einen jeden Morgen stand man auf und machte sich bereit für den Tag mit Vorfreude. Dichte Wälder und ein ruhiger, gemächlicher Fluss schmiegten sich von zwei Seiten an die Burg wie die Arme einer Mutter um ihr Kind.
Doch trotz all der Schönheit der Landchaft gab es einen Ort, den die Adelsfrau liebte wie keinen anderen. Denn hinter der Burg lag ein Garten von so seltener Schönheit, dass zu beschreiben ihm nichtt gerecht werden kann. Ein jeder Fleck war bedeckt mit einem Teppich aus Rosen, die blühten in fröhlichen Farben und streckten sich der Sonne entgegen. Der süßliche Duft dieser Rosen lag auf dem Garten und die Dame spazierte einen jeden Tag nach der Mittagsstunde hindurch. Ein gesschwungener Weg schlängelte sich hindurch, führte an kleinen Statuen und hüschen Vasen, niedrigen Säulen und steinernen Bänken vorbei. Stundenlang lief die Dame im Garten umher und es wurde gesagt ihr Herz und das des Garten sei eins, denn sie kümmerte sich viel darum. Die Dame war glücklich und der Mann war es mit ihr.
Doch kurz bevor ein Fest stattfinden sollt, da ward die Dame krank und lag schwach danieder. Ein jeder in der Burg sorgte sich sehr und der Mann verließ sie keinen Augenblick, gar schlief er an dem Krankenbett und er bangte sehr um seine geliebte Frau. Einen jeden Tag ließ er ihr Blumen aus dem Garten bringen und stellte sie in ihre Nähe, doch alles schien nicht zu helfen.
Sie zitterte schrecklich und weinte schwach, dann schrie sie in Schmerz und schlief tagelang. Verzweiflung packte den starken Mann im Nacken und zu jedem Morgen lastete die Bürde der Sorge stärker auf ihm, beugte seine Schultern und grub Falten in sein Gesicht. Ein Heiler nach dem anderen ließ er kommen und keiner vermochte etwas zu ändern. Zusehends wurde sie schwächer und der Mann mit ihr. Ein Schluchzen ward vernommen, wann immer der Mann glaubte man höre ihn nicht, gebrochen schlich er durch die Gänge seiner Burg. Mehr Heiler ließ er kommen und versprach dem, der Linderung bringen sollte, was immer dieser begehrte. Sie kamen alle, aus nah und fern und doch schien es, als gäbe es keine Rettung und so zogen sie wieder vondannen und mit jedem der ging, ging auch ein Teil der Hoffnung des Mannes.
So kam der Tag, an dem er das letzte Mal bei ihr saß. Dort lag sie, schön wie eh und je und in seinen Augen schöner als je zuvor. Sanft hielt er ihre Hand umschlungen, die war bleich und kühl und sanft. Ein letztes Mal lächelte sie ihn an und mit dem letzten Atemhauch, den sie tat flüsterte sie ihm zu:
"Welche Blume...?"
Doch vermocht sie nichtt zu vollenden was sie hatte sagen wollen und als die gütigen Augen der Dame sich schlossen, da schrie der Mann und zerrte an seinen Kleidern, viel auf die Knie und weinte bitterlich, dass ein jeder in der Burg es zu hören vermocht. Und ein jeder weinte mit ihm um die Dame und eine tiefe Trauer legte sich über die Burg wie das Leichentuch über die Dame. Der Mann versank in Elendigkeit und Einsamkeit und haderte mit dem Schicksal, das ihn seiner Frau geraubt hatte. Von allen die er kannt, war sie die schönste und aufrichtigste Frau auf der Welt und warum das Schicksal sie geholt hatte verstand er nicht.
Wie er so da kniete am Boden, da klopfte es gegen die schwere Tür des Schlafgemachs und ein weiser Mann aus fernen Ländern kam herein. Dem Ruf war er gefolgt, doch der Weg war weit gewesen und so traf er ein da die Dame bereits verstorben war.
Der Mann starrte vom Boden empor, die Augen von Tränen und Traurigkeit geblendet und zitternd am ganzen Körper.
"Warum sie?", war alles, das er mit brechender Stimme und gebrochenem Herzen zu flüstern vermocht, bevor Tränen ihn ertränkten und der Wahn ihm die Stimme nahm.
Der Fremde ging zum Bett und nahm eine Rose aus der Vase, die daneben stand. Sodann kniete er sich vor den Mann am Boden und legte die Blume in seine Hand.
"Welche Blume ist es, die ein Gärtner stets zuerst pflückt?", flüsterte der weise Mann mit sanfter Stimme und ließ den Trauernden allein zurück.
Nach einer Weile klarte sich die Sicht, es gab keine Träne mehr, die geweint werden konnte und so blickte der Mann auf die Rose in seiner Hand. Und es war die schönste, die er je gesehen hatte. Da beriff er und um ersten Male lächelte er wieder ein wenig. Denn auch wenn der Fremde nicht mehr da war, soflüsterte er die Antwort und fand seinen Frieden damit.
"Die Schönste...."