[Geschichte] Ein Traum von Gewalt

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utschibutschi!

Orakel stand nicht gleich auf. Hätte es das getan, so wäre er in einem Anfall von Schwindel wieder niedergesunken, wie es fromme Damen taten, wenn sie jemanden etwas unanständiges tun sahen.

Orakel blieb liegen -weniger Schmerzen, oh ja!- und beschränkte sich darauf seiner Umgebung ZUzuhören. Leises Flackern hörte er -garstige Kerzen brennen noch, BRENNEN sollten sie!-, das Rascheln des Windes, der ein wenig Laub durch den Eingang seiner Höhle trieb -Nordwind, immer klingt er nach Eisen- und ein geflüsterter Hauch von Seide und Bewegung, der so leise war, dass niemand, der nicht ZUhörte, ihn vernommen könnte.

utschibutschi!

Das Tier, zu dem dieser Name gehörte, hatte schon vor Orakel in der Höhle gehaust, von der niemand so recht zu wissen schien, wer sie eigentlich gebaut hatte -die Riesen sind tot, tot...HEKTAR!-. Dass sie gebaut worden war, war offensichtlich. Es handelte sich nur um eine kleine Höhle -kein Minenhöhlenhaus, utschibutschi-, doch die Wände bestanden aus -weichen- Steinmauern, in denen sich Bruchstein und der eintönige graue Stein der ottonischen Lande abwechselten. Orakel fragte Tiere nach ihrem Namen. Das tat es immer und anders als die anderen Menschen hörte er ihnen ZU und nannte sie nicht Bessie -arme Muh-, Bello oder Schattenfell. Wenn es fragte, so antworteten die Tiere -so ähnlich manchen Menschen und menschlicher als mancher Mensch, oh ja!- und er sprach sie mit Namen an. Das Tier in seiner Höhle aber war hartnäckig wortkarg geblieben und bis auf das leise, aber gefährliche Klicken der Mandibeln hatte es ihm nichts entlocken können. Orakel war nciht gewünscht in der Höhle des Tieres, nur geduldet. Geduldet.... -weniger Schmerzen-.

Als Orakel die Augen aufschlug und sich nun doch umsah, prallte es erschrocken zurück und kauerte sich auf den Boden wie Katzen es taten, wenn sie eingeschüchtert waren. Ein strahlend weißes Gewand -weiß hat so viele Flecken, so viel waschen- mit peflegten Füßen und einem goldenen Schimmer nahmen sein Sichtfeld ein und in seinem Kopf erklang

utschibutschi!

der verheißungsvolle Chor, welcher die Eingebungen und Antworten in seinem Kopf für einen glückseligen Moment zum verstummen brachten. Warm wurde ihm und kriechend zog sich Orakel näher heran. "Magdalena, Magdalena", winselte es und berührte den Stoff, der sich unter seinen etwas blutigen Fingern schwarz färbte. Hastig zog er die Finger zurück und das weiß strahlte makellos. "Gekommen um Orakel endlich zu erlösen, wie versprochen, OH JA, versprochen ist es Orakel! Gute Magdalena", flüsterte Orakel weiter. Die Magdalena war ihm schon öfters erschienen und auch wenn sie nie ein Wort sprach, so war das Verstummen all der Antworten auf die Fragen, die ihm gestellt werden würden, eine Wohltat, die ihm nur selten zuteil wurde. Als Orakel ehrfurchtsvoll das Gesicht hob um das Antlitz der reinen Magd zu erblicken, traf sein Auge nur wieder auf den sanften Schleier, der sich wie schüchterner Morgennebel um ihr Gesicht wallte und es verhüllte. Langes, wallendes Haar von der Farbe der Sonne und des Goldes -sie alle suchen na...- umrahmte den Schleier und ihre Gestalt war von -täuschend- Schönheit ohnegleichen. Er meinte ein -falsch- Lächeln hinter dem Schleier zu erahnen und begann zu hecheln wie ein Hund, der von seinem Frauchen seinen Lieblings-knochen!- gezeigt bekam. Dann viel der Schleier herab, nahm dabei Orakel kurz die Sicht und als er wieder zu Magdalena aufschaute entwand sich seiner Kehle ein Röcheln von solchem Entsetzen, dass ein jeder, der es gehört hätte, Mitleid gehabt und ihn beschützt hätte. Winselnd und weinend -Genie hat gesagt Weinen hilft nicht- krabbelte Orakel rückwarts von der Eisenmaske weg, die ihn aus toten und bewegungslosen Augen anstarrte. Das Gesicht der Maske -schmerzen-war entstellt und zeigte ebenmäßige -Schmerzen- Haut, welche über und über mit Narben verunstaltet war, deren Ränder ausfransten und eitrig wirkten -SCHMERZEN!-.

Heulend wie ein Hund stürzte Orakel aus der Höhle und floh in Grauen, lief vorbei an den wenigen Häusern in der Nähe seiner Höhle und fand sich benommen am Rande des Tibers wieder. Aus den seichten Wellen -so tief so tief, das Wasser rief, so sanft und weich, tief wie ein Teich, komm rein komm rein, versink sei mein- schaute ihm sein Spiegelbild zurück und schüttelte den Kopf. "Den Traum darfst du nicht vergessen! Ein Fest hat es gegeben und verkündet hast du. Aber sie verstehen nicht, oh nein. Die wenigsten haben gehört und ZUgehört hat keiner! DEINE Schuld!", las Orakel von den Lippen seines Spiegelbildes ab. Orakel erinnerte sich. Orakel erinnerte sich an alles, was es verkündete. Bei dem Fest gestern war es -hihi, wieder eine Erdbeere stibitzt- spät gewesen, als Orakel an das Podium getreten war und gesprochen hatte zu all den Menschen: "Groß sind sie und Größe müssen sie beweisen! Doch die Riesen sind tot und auch die waren groß!" -die Riesen sind tot-

Utschibutschi!

Seufzend wandte sich Orakel von seinem Spiegelbild ab, das sich nicht rührte und ihm wütend hinterherstarrte, als könne es ihn mit seinen Blicken erdolchen wie ein -kluger- feiger Mörder es mit einem vergifteten Dolch getan hätte. Die Großen waren da gewesen und ein jeder hatte eine Rolle in seinem Traum gespielt. Die ganze Nacht hatte Orakel von der Zukunft geträumt um herauszufinden, was es tun könnt, um sie zu ändern. Doch die Zukunft war wie die Zeit, beständig und schwer zu fassen und für jene, die nicht über Orakels Weitsicht verfügten war sie starr und unformbar. Orakel würde mehr tun müssen, um sich ihr entgegenzustellen und seinen Traum abzuwenden.

Jeder der Großen war dort gewesen und jeder hatte seine Rolle gespielt. Jeder die gleiche Rolle gespielt. Ein jeder war ein Schlächter und Henker geworden.....

-Hören ja, aber ZUhören, nein oh nein. Nie. UTSCHIBUTSCHI!-