-> Angefangen für den Märchenstunden-Wettbewerb und nie eingereicht, vielleicht würde aber trotzdem jemand gerne das hier lesen :'D
>Trauer< oder >Mitgefühl< ... Sowas hatte der nackte, gefesselte Mann niemals gekannt. Wer vermochte zu sagen, wie viele zahllose, ungnädige Stunden er bereits gefesselt in den kalten Eisen saß? Es könnten fünf Tage gewesen sein, ebenso gut wie fünf Jahre.
Wann immer es ihn dürstete, so reckte der Mann den Kopf und leckte mit gierigen Lippen und durstiger Lippe das Kellerwasser von seinen Fesseln. Wenn es ihm hungerte so biss er sich auf die Lippen und ließ das Blut auf seine nackte Brust tropfen bis eine Ratte, vom Duft des süßen Lebenssaftes angelockt, ihm zu nahe kam. Rabenschwarze, lange Haare bedeckten sein bleiches, schönes Gesicht, seinen muskulösen Rücken und seine abgemagerten Rippen. Aus seiner kauernden, lauernden Position heraus war das einzige Lebenszeichen von ihm das Zucken seiner eisblauen Augen. Geisterhaft starrten die leeren Seelenfenster durch den dunklen Raum und auch wenn niemals ein Sonnenstrahl oder das wärmende Licht einer Fackel diesen duklen Ort berührt hatte, so konnte der Gefangene inzwischen doch jeden Winkel und jede Rührung in seinem feuchten, kalten Gefängnis ausmachen. Seine bleiche Haut war geschunden von Schwert, Beil und Peitsche doch waren die Wunden zu Narben geworden und er atmete noch immer, wie der Parasit welcher er in ihren Augen war lebte und atmete er und würde es noch tun, wenn sein letzter Feind geendet war. Und doch mochte er sich nicht regen für Stunden und Tage, Wochen und Monate, so brannte das kalte Feuer jeden Tag stärker in seinen Augen und gefüttert so wurde es vom Hass. Und den weißen Fuchs würden sie ihn nennen so der Tag sollte kommen, an welchem er sie wie die Hühner zerreißen würde.
In einer Nacht öffnete er, den sie Lord nannten, das Tor zu dem Stall welchen sie "Stadt" nannten und herein rief die Stimme seines Feindes: "Ein Jahr ist vergangen."
Und so rief der in Ketten gelegte weiße Fuchs aus seinem Wald welchen sie "Kerker" nannten heraus mit einer Stimme so kräftig wie am Tage an welchem er die Welt erblickte in den Stall hinein: "So gebet mir ein weiteres, denn ich, der in der Dunkelheit lebt werde euch im Lichte überdauern und euch besiegen möget ihr mich auch in Fesseln legen und die Schönheit meiner Stärke vor der Welt verbergen, darum bitte ich der nicht den Namen eines Lordes trägt!"
Der Hahn lachte und die Tür schloss sich erneut, das Licht verbannend.
Und im nächsten Jahr nach welchem der weiße Fuchs gefragt hatte, so begann er seine Fesseln zu lieben wie die Brüder, welche der Hahn ihm genommen hatte. Er begann nach dem dreckigen, feuchten Kalkwassern des Kellers zu dürsten wie nach den feinsten Weinen, welche er auf seinen Raubzügen erbeutet und genossen hatte. Es begann ihm nach dem Fleisch der Ratten zu hungern wie nach dem Festmahl nachdem die Schiffe seiner Väter und Brüder wieder Heimwärts fuhren. Er spürte seine Götter neben sich und sie brachten ihm den Klang der See und erinnerten ihn daran, wie er die Söhn des Hahnes vor seinen Augen getötet hatte und wie sie geschrien hatten, als er seine Gefallenen Brüder gerächt hatte. Doch ebenso lebendig war die Erinnerung als sie ihn hinterrücks verrieten und für einen Sack gefüllt mit Gold vor die Füße des Hahnes warfen. So wurden sie zu seinen Feinden, ebenso wie der Hahn selber und sie alle zu besiegen schwor der weiße Fuchs sich bei dem Blut des Nordens in seinen Adern.
Und erneut öffnete sich die Tür und der, den sie Lord nannten rief mit verhasster Stimme in den Wald hinein: "Ein Jahr ist vergangen."
Und so rief der weiße Fuchs zurück mit einer Stimme stärker als am Tage seiner Geburt: "So gebet mir ein weiteres denn ich, der in der Dunkelheit lebt werde euch im Lichte überdauern und euch besiegen möget ihr mich auch in Fesseln legen und die Schönheit meiner Stärke vor der Welt verbergen, darum bitte ich der nicht den Namen eines Lordes trägt!"
Und so schloss der Hahn schweigend die Tür und verbannte das Licht erneut.
Im dritten Jahr wurde sein Haar noch schwärzer und seine Haut noch bleicher und die rabenschwarze Haarpracht wuchs und wuchs, überdeckte die Abbildungen der Siege seiner jungen Seele auf seinem Rücken und das Feuer in seinen Augen brannte heller und heller mit jedem Tag. Bald schon hatten die Ratten sich an seine Anwesenheit gewöhnt und schätzten die Wärme seines Fleisches. Der Fuchs brauchte sie nicht mehr mit Blut zu locken, denn sein Fleisch hatte den Geschmack und den Geruch ihrer angenommen und sie fühlten sich sicher in seinen Armen. Wenn er eine von ihnen mit Knochen und Fell zwischen seinen Zähnen zermamlte, so schienen sie dies als selbstverständlich hinzunehmen und die Schreie ihresgleichen zu ignorieren. Und so wenig wie sie ihn fürchteten so wenig fürchtete er die Pest denn der weiße Fuchs wusste, dass er leben und atmen würde bis seine Fesseln würden brechen und der Lord der über ihm speiste, trank, feierte, hurte und den Tod seiner Söhne bedauerte.
Und erneut rief er in den Wald hinein mit schwacher, alter Stimme: "Ein Jahr ist vergangen."
Zum ersten Mal hörte man das rascheln der Ketten als der weiße Fuchs sich vorbeugte, stärker und schöner als je zuvor und mit anmutiger Stimme verlange: "So gebet mir ein weiteres denn ich, der in der Dunkelheit lebt werde euch im Lichte überdauern und euch besiegen möget ihr mich auch in Fesseln legen und die Schönheit meiner Stärke vor der Welt verbergen, darum bitte ich der nicht den Namen eines Lordes trägt!"
Und da fürchtete es dem Hahn und er wunderte sich, warum der Fuchs denn nicht sterben wollte. Voller Grauen und Ekel schlug er die Tür zu und verbannte das Licht.
Und der Geruch seiner Furcht erfüllte den Kerker für das ganze vierte Jahr und der weiße Fuchs lud und weidete sich an ihm wie am warmen Körper einer Frau. Doch in diesem Jahr starben auch die Ratten, gebeutelt vom Geruch der Furcht und so hungerte der Mann aus, die einzige Nahrung war das Eisen an seinen Ketten an welchen er Tag und Nacht entlang leckte, doch so überdauerte er auch das vierte Jahr.
Und in der Silvesternacht wurde erneut die Tür geöffnet. Hustend und kränklich rief der Hahn hinein: "Ein weiteres Jahr ist vergangen." und jetzt bettelte er darum, der Fuchs würde doch endlich aufgeben.
Doch triumphierend erklang die Stimme aus dem Dunklen: "So gebet mir ein weiteres denn ich, der in der Dunkelheit lebt werde euch im Lichte überdauern und euch besiegen möget ihr mich auch in Fesseln legen und die Schönheit meiner Stärke vor der Welt verbergen, darum bitte ich der nicht den Namen eines Lordes trägt!"
Und die Tür verbannte das Husten und das Licht aus dem Wald.
Im fünften Jahr hörte der weiße Fuchs alles. Er hörte das schreien und das weinen der Töchter des Lords als sie ihn tot auffanden. Seine Haare waren eins mit der Dunkelheit geworden und seine Augen schienen wie fackeln durch die Dunkelheit, wenn doch vollkommen verdeckt von seinen Haaren. Mit jedem Tag wurde er stärker, doch war dieses letzte Jahr kälter und grausamer als alle zuvor. Das Wasser, welches an seinen Fesseln herabtropfte wurde zu Eis und trotzdem überdauerte er es, leckte brav das Wasser des fünften Jahres von seinen Fesseln und wartete geduldig darauf, dass sich die Tür ein weiteres Mal öffnen würde.
Und als die Tür sich öffnete, so stand eine junge Frau in der Tür, die Erbin ihres Namens und doch würde man sie niemals "Lord" nennen, denn sie war die schwächste und würde niemals Kinder haben. Als sie die Tür öffnete, erhob der weiße Fuchs sich siegreich. Die Ketten an seinen Armen und Füßen waren durch seinen Speichel und durch das dreckige Wasser des Kellers über die Jahre gerostet. Doch gestählert, stark und wunderschön stand er da, den man nun "Lord" nannte. Und der Fuchs ging ohne ein Wort zu sagen die Treppen hinauf und sie folgte ihm. Seine Haare wurden ihn gestutzt und gekleidet wurde er in feinsten schwarzen und violetten Stoff, denn sie fürchteten ihn, die Bestie welche fünf Jahre in der Dunkelheit ohne Wasser und Nahrung überleben konnte. Sie gaben ihm, Lord Alvarg von Weiss, die Festung Schneefeste. Eine dunkle, kalte Festung welche seinem Namen gerecht wurde. Als Frau nahm er eine Lady der Kirche, an welcher er nichts liebte und sie gebahr ihm vier Kinder, welche er ebenso nie lieben würde.
An diesem Tage verbrannte er die letzten seiner alten Schiffe, verabschiedete alles was ihn hatte überleben lassen und setzte sich nieder auf einen schwarzen Stuhl. Er sollte vier Kinder mit seiner Frau bekommen und eines geboren aus seinem Blute. Und als Banner sollte an seiner Seite ein geketteter, weißer Fuchs in den Kampf ziehen. Doch einen anderen Lord als ihn, das schwor der weiße Fuchs sich, sollte sein Haus niemals kennen. Er sollte der letzte Lord sein. Denn, so stellte er fest, hasste er jeden Tag am Lichte mehr als die Jahre in der Dunkelheit und jede Nacht in seinem Bett mehr als die Nächte auf See.