Die Wasserleiche

Seine Stiefel knisterten als Theodred Hador über den langen Strand von Falkhjem schritt. Der salzige Geruch des Meeres lag in der Luft, vermischte sich jedoch schon bald mit einem anderen Geruch. Dem Geruch von Verwesung und Tod! Irritiert blieb er stehen, sein Herz raste. Was konnte hier an diesem idylischen Strand geschehen sein. Seine Schritte wurden schneller als er sich dem Schilf näherte. Das warme Wasser umspülte bereits seine Beine - als er die Leiche entdeckte. Der Körper, fast noch ein Kind, trieb wenige Meter vor ihm und wurde immer wieder von den sanften Wellen emporgehoben. Sein Herz hämmerte, wer konnte das sein? Ein Soldat aus längst vergessenen Kriegen, ein junger Adeliger, dessen Schiff gekentert war oder doch nur ein einfacher Bauer, der in Küstsnähe seine Felder bestellt hatte? Theodreds Herz hämmerte, sein Brustkorb schien förmlich zu explodieren. Die Wasserleiche war aufgedunsen, Fetzen ihrer Kleidung chwammen um sie herum. Und er kannte diese Kleidung, jetzt wo er genau hinsah erkannte er auch den kleinen Körper. Shizuka!, schoss es ihm durch den Kopf.

Theodreds Pferd schnaubte als er sich dem Königshofe Norwich näherte. Seine Gedanken rasten, wie sollte er Shizukas Tod verkünden? Zwar war sie eine gute Freundin von ihm gewesen, jedoch hatte sie sich, außer in ihren Dörfern und den umliegenden Siedlungen, keinen großen Namen gemacht, zumindest nicht in den Augen des Königs. Doch es war seine Pflicht! Er würde es durchziehen, so hätte es sich Shizuka von ihm erwartet. "Was gibt es?", fragte der mürrische Wächter, der sich lässig gegen die Burgmauer gelehnt hatte. "Ich erbitte Einlass in die Festung!", erklärte Theodred, während er nervös an einem Streifen Dörrfleisch kaute. "Und sagt mir weshalb ich jemanden wie euch hineinlassen sollte?", der Wächter spuckte auf den Boden und musterte ihn misstrauisch. "Weil meine Geschichte, dich ich zu erzählen habe, mindestens genauso tragisch und spannend ist wie die eines guten Barden!